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Stefano D´Arrigo – oder: wie man 20 Jahre lang an einem Buch schreiben kann

Fortunato Stefano D´Arrigo erblickt am 15. Oktober 1919 in Ali Terme in der Provinz Messina das Licht der Welt. Sein Vater wandert kurz nach Stefanos Geburt nach Amerika aus um dort nach Arbeit zu suchen.

1929 siedelt Stefano D´Arrigo nach Milazzo um und besucht dort die Mittelstufe und anschließend das Gymnasium. 1938 zeiht es ihn nach Messina, wo er an der Literaturwissenschaftlichen Hochschule 1942 seinen Abschluss macht. Er wird vom Militär eingezogen und leistet im zweiten Weltkrieg Dienst als Leutnant in Palermo.

Nach dem Krieg zieht er nach Rom und arbeitet dort als Journalist. Er schreibt für drei Zeitungen Kunstkritiken, verbringt Zeit in Museen und zusammen mit Künstlern und Kunstsammlern. 1948 heiratet er Jutta Bruto, die ebenfalls Literaturwissenschaften studierte und ihm stets bei seiner Arbeit mit Rat zur Seite stand, den er sehr schätzte.

Zusammen mit einigen Freunden unternimmt er 1950 eine Reise an die Meeresenge von Messina und schreibt seiner Frau von dort aus einen Brief, in dem er ankündigt, dass er sich mit einem „Werk von großen epischen Atem“ beschäftigen wird. Noch in diesem Jahr betreut er einen Katalog über eine Ausstellung eines Freundes, die sich mit der Darstellung von Fischern, dem Meer und ozeanischen Mythen befasst. Man kann davon ausgehen, dass ihn die Strände von Messina und die Arbeit an dem Katalog zu seinem großen Meisterwerk inspiriert haben.
In der Mitte der 50er Jahre beginnt er sich vollständig dem Schreiben zu widmen. Er schreibt einen Literaturband und Gedichte und erhält einen ersten Literaturpreis. 1956 und 1957 schreibt er dann den ersten Entwurf seines Welterfolges, der zu diesem Zeitpunkt den Namen „La testa del delfino“ (Der Kopf des Delphines) trägt und „nur“ 600 Seiten umfasst. Für dieses Script erhält er ein Jahr später einen Literatur preist, veröffentlicht es aber nicht, sondern bringt nur Teile davon in einer Literaturzeitschrift heraus, die er mit einem Freund zusammen veröffentlicht.
Ein Verleger bietet ihm einen Vertrag zur Veröffentlichung an und Stefano sendet ihm ein Manuskript, erbittet aber noch 14 Tage Zeit zur Überarbeitung, bevor das fertige Werk veröffentlicht werden soll. Aus den 14 Tagen werden 14 Jahre. In der Zwischenzeit werden weitere Ausschnitte aus dem Werk veröffentlicht und in der Literatur-Szene wartet man gebannt auf die Veröffentlichung. Ohne viele Texte veröffentlicht zu haben und ohne jemals ein Buch auf den Markt gebracht zu haben, erhält Stefano den Status eines ganz großen Schreibers, nur weil alle schon im Vorfeld ein großes Meisterwerk erwarten.

1975 wird der Roman dann endlich unter dem Namen „Horcynus Orca“ veröffentlicht. Der Name bezieht sich auf den zoologischen Begriff für den Killerwal. In den folgenden Jahren überarbeitet Stefano D´Arrigos das Werk stetig und bringt immer wieder neue Versionen heraus. Bis zu seinem Lebensende kann er es nicht lassen, das Buch weiter zu verbessern und kleine Korrekturen vor zu nehmen.
11 Jahre lang steht das Werk auf der Liste der meistverkauften Bücher und es wird fast ausschließlich positiv von Kritikern bewertet. Das Meisterwerk auf das alle so lange warteten, war nun wirklich das wert, was es versprach. Der Roman erzählt in meisterhaft ausgearbeiteter Weise die Geschichte eines Mannes, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg zu Fuß auf den Weg macht zurück in sein Heimatdarf Cariddi. Als er nach seiner langen Reise dort ankommt, muss er feststellen, dass sich alle die ihm am Herzen lagen, verändert haben und keiner mehr der gleiche zu sein scheint. Philosophie, die Mythen um das Meer und das Leben der Fischer spielen eine große Rolle in dem Werk.
Nach dem grandiosen Erfolg seines Debut-Romans schreibt er einen weiteren, der zugleich auch sein letzer wird. In „Cima delle nobildonne“ (Die Edelste aller Frauen) beschreibt er in völlig anderer Sprache, in einfacherem und weniger technischem Stil als in seinem ersten Roman eine Gruppe Mediziner, die ein Gen in der Placenta der Menschen finden, dass Mörderelemente enthält. Mit anderer Sicht als im ersten Roman schließt er philosophische Verknüpfungen zwischen dem Leben und dem Tod.

Für das zweite Werk brauchte er nur zwei Jahre, wohlwissend, dass ihm soviel Zeit, wie er für sein erstes Werk nutze, nicht mehr bleiben würde.
Am 02. Mai 1992 endet Stefano D´Arrigos Leben friedlich über Nacht in seiner Wohnung in Rom.
Text: Jenny Otto

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