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Ferienhaus Sizilien
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Von Tempeln, Kastellen und Palästen – Siziliens vielfältige Architektur

Siziliens von vielen Völkern, Epochen und Baustilen geprägte Architektur brachte selbst einen verwöhnten Kunstliebhaber wie Goethe ins Schwärmen; der Anblick von Siziliens Tempel, die malerisch in eine parkähnliche Landschaft eingebettet liegen, inspirierten den Dichter zu wahren Lobgesängen auf das Land, wo die Zitronen blühen. An diesem idyllischen Bild hat sich bis heute kaum etwas geändert, gehören diese Tempel zu den schönsten und am besten erhaltenen ihrer Art der Welt. Bei einer Reise durch Sizilien entdeckt man jeden Tag eine andere Kultur mit ihren vielfältigen Sehenswürdigkeiten. Die Architektur dieser Insel legt Zeugnis von vielen fremden Einflüssen ab, doch die bedeutendsten baulichen Kunstwerke stammen aus drei maßgeblichen Epochen: Der Antike, der Zeit der Normannen und Staufer, sowie dem Barock.

Villa Casale - Eine römische Villa

Die ersten Tempel auf Sizilien sind griechischen Ursprungs, wurden jedoch von den darauf folgenden Römern, Arabern und Christen nach deren Geschmack baulich verändert. Für Rom war Sizilien nicht nur die erste Provinz, sondern gleichzeitig auch die erste Etappe auf dem Weg zur Weltmacht. Die in den Punischen Kriegen von 241 und 212 v. Chr. eroberte Insel wurde von Syrakus und Marsala, dem damaligen Lilybaeum, verwaltet und sogar Cicero schlug hier seine Beamtenlaufbahn ein und brachte es bis zum Quaestor, was in etwa einem Vize-Regierungschef auf Sizilien entsprach. Nach und nach folgten reiche Patrizier den Verwaltungsbeamten, die sich prächtige Villen mit wunderschönen Mosaiken errichteten. Besonders hervorzuheben ist die in Piazza Armerina gelegene Villa Romana del Casale, die wie eingezwängt in einem Tal am Monte Mangone liegt. Ihr labyrinthartiger und völlig unübersichtlicher Grundriss entspricht der damaligen römischen Architektur, wenngleich die Römer ansonsten offene Landschaften mit Fernsicht für ihre Villen vorzogen. Die Villa wurde im 12. Jahrhundert von den Normannen zerstört und erst 1950 aus dem meterhohen Schlamm ausgegraben. Ihre Hauptattraktion stellen zweifellos die herrlichen Boden- und Wandmosaike dar, von denen das Bodenmosaik „Bikini-Mädchen“ das berühmteste sein dürfte. Jagdszenen auf weiteren Mosaiken lassen darauf schließen, dass die Villa von ihrem adeligen Hausherrn eher als Unterkunft für Jagdgesellschaften, anstatt als ständiger Wohnsitz genutzt wurde.

Bauwerke aus der Zeit der Normannen und der Staufer

Aus der nachfolgenden arabischen Besetzung Siziliens sind kaum Gebäude oder Baudenkmäler vorhanden, da diese fast ausschließlich von den Normannen umgebaut wurden, die die Insel 1071 eroberten. Um der damaligen Architektur gerecht zu werden, müsste man von einer arabisch-normannischen Epoche sprechen, da beide Völker ihre typischen Stilelemente miteinander verschmolzen haben. So kann man bei den Kuppelaufbauten einiger Kirchen Ähnlichkeiten mit orientalischen Moscheen entdecken, während so manches aus der Antike stammende Mosaik von byzantinischen Handwerkern „ergänzt“ und verfeinert wurde. Ob Säulen, Böden oder Wände – hier vereinigen sich byzantinische Symbole mit arabischen Ornamenten, die von normannischer Baukunst zu einem unvergleichlichen Meisterstück frühmittelalterlicher Architektur verbunden wurden. Diese gelungene und „multikulturelle“ Mixtur verschiedener Baustile wurde von dem Staufer Friedrich II. abrupt beendet. Sein Ziel war es, trutzige Kastelle, Festungsbauten und Burgen zu errichten. Das originelle Castello Ursino in Catania mit seinen gewaltigen Mauern ist ein typisches Bauwerk aus der Stauferepoche. Es stand einst direkt am Hafen und wurde bei dem Ausbruch des Ätna im Jahr 1669 zugeschüttet. Mittlerweile erhebt sich das Castello mitten in der Stadt, was ihm einen etwas deplazierten Charakter verleiht. Sehenswert ist das darin untergebrachte Städtische Museum mit Gemälden und Fundstücken aus der Gegend. Ein weiteres Beispiel für die „Schwabenburgen“ genannten Festungsbauten des Stauferkaisers ist das Castello di Lombardia in Enna.

Barock auf Sizilien

Während im übrigen Europa die Gotik von der Renaissance abgelöst wurde, übersprang man in Sizilien diesen Baustil und ging von der Hochgotik nahtlos ins Frühbarock über. Der durch Großgrundbesitz reich gewordene sizilianische Adel baute viel, üppig und mit großer religiöser Inbrunst. Das Ergebnis waren prunkvolle Palazzi, monumentale Kirchen und weitläufige Klöster. Das verheerende Erdbeben von 1693 zerstörte besonders im südöstlichen Teil Siziliens ganze Siedlungen und Städte, was einen gewaltigen Bauboom zur Folge hatte. Wie der legendäre Phönix aus der Asche entstanden ganze Städte nach den Plänen barocker Baumeister: Modica, Noto und Ragusa erstrahlten in sizilianischem Barock, das besonders in den Fassaden, den mit skurrilen Fratzen geschmückten Balkonkonsolen der Patrizierhäuser und den eleganten Kirchenkuppeln zum Ausdruck gebracht wurde. Die elegante Villa Palagonia in Bagheria ist ein besonders gelungenes Beispiel für die Baukunst dieser Zeit. Die aus „elendstem Muscheltuff gepfuschten“ herrlichen Zwergen- und Monsterfiguren – so lautete Goethes abfälliges Urteil -, die diese Villa so trefflich schmücken, trugen den gesamten Gebäude damals den Ruf ein, eine Ausgeburt des Wahnsinns zu sein. Vielleicht war es gerade diese vernichtende Bezeichnung, die der Villa Palagonia ihre weltweite Berühmtheit eintrug. Die herausragendsten Baumeister dieser für die Baukunst so glanzvollen Zeit waren Rosario Gagliardi, Vincenzo Sinatra und Giacomo Serpotta.

Doch nicht nur prächtige Paläste und Kathedralen beinhalten architektonische Schönheiten. So findet man in vielen Bars prächtige Stuckdecken, entdeckt elegante Theater, herrlich verschnörkelte Bürgerhäuser oder wunderschöne Apotheken. Was unter dem Namen „Jugendstil“ einen Triumphzug um die Welt antrat, wird auf Sizilien malerisch „stile Liberty“ oder „stile floreale“ genannt. Dieser leicht verspielte und doch elegante Baustil prägt auch heute noch maßgeblich das Bild vieler Städte auf Sizilien. Dies ist nicht zuletzt der Großreeder-Familie Florio zu verdanken, die ihre Fabrik und die Salons ihres Stadthauses auf Palermo im stile floreale errichten ließ.

Etwas weniger floral, dafür jedoch mit sehr viel Marmor ging es auf Sizilien in punkto Baukunst während der Zeit von Benito Mussolini zu. Wie fast alle faschistischen Machthaber liebt auch der Duce monumentale Gebäude, mit denen man staatliche Präsenz vermitteln wollte. So legen das Hauptpostamt und der Oberste Gerichtshof von Palermo marmornes Zeugnis aus dieser Zeit ab, in der die Menschen durch überdimensionierte Bauten klein und unscheinbar gehalten werden sollten.

Architektur der Nachkriegszeit auf Sizilien

Die Nachkriegszeit wirkte sich auch auf Sizilien architektonisch wenig beeindruckend oder interessant aus. Stahlbetonbauten und die Ausbesserung von Kriegsschäden standen im Vordergrund, doch gibt es auch hier wohltuende Ausnahmen zu verzeichnen. So ist die in den 1960er Jahren erbaute Wallfahrtsbasilika von Tindari ein modernes Heiligtum aus Marmor und Neoromanik, während das Santuario della Madonna delle Lacrime in Syrakus an eine aus Beton gegossene riesige Zitronenpresse erinnert. Die modernste Wallfahrtsstätte Siziliens, die auch den Beinamen „Sportstadion“ trägt, ist zwar eine sehr monströs geratene Kirche, doch tut dies dem Wunder, das sie in ihrem Inneren birgt, keinerlei Abbruch.

Siziliens über Jahrtausende stets vielfältiger gewordene Architektur begeistert jeden Besucher dieser faszinierenden Insel. Dabei muss man kein Kunstkenner sein, um die Schönheit der hier gebotenen Bauwerke zu entdecken und zu schätzen. Es genügt vollauf mit offenen Augen durch Sizilien zu reisen und sein ganz persönliches Stück Baukunst für sich zu entdecken.

Text: Claudia Hurth